Lehrbuch Lyme-Borreliose


22.9

Negativbeurteilung der diagnostischen Wertigkeit des LTT bei LB


In der Publikation von Auwaerter et al. wird auf eine einzige Studie zum LTT Bezug genommen und zwar auf die Publikation von Zoschke et al. In dieser Studie wurde der LTT an 12 Patienten mit Lyme-Borreliose und 12 gesunden Kontrollen durchgeführt. Der LTT war bei 11/12 der LB-Patienten und bei 8/12 der gesunden Kontrollen positiv. Die Autoren zogen die Schlussfolgerung: LTT bei Gesunden häufig positiv, jedoch in der vorliegenden Studie LTT bei LB-Patienten signifikant höher als bei gesunden Kontrollpersonen. Derzeitig (also im Jahre 1991, Anm. d. Verf.) sei ein positiver LTT schwer zu interpretieren (1).

Zoschke et al. wiesen auf methodische Unterschiede zwischen ihrer Arbeit und den beiden vorausgegangenen Publikationen von Sigal et al. und Dattwyler et al. hin. In der Studie aus 1986 hatten Sigal et al. nachgewiesen, dass in allen Stadien, abgesehen von der akuten Frühphase, der LTT positiv war (2). In der Studie von Dattwyler et al. (1988) zeigten sich hoch signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit Lyme-Borreliose und Kontrollpersonen (3).

Während also in den ersten Studien von Sigal et al. bzw. Dattwyler et al. die diagnostische Wertigkeit des LTT eindeutig bestätigt wurde, gelang dies in der Arbeit von Zoschke et al. nicht.

Wie bei vielen Laboruntersuchungen gilt es auch bei dem LTT eine Trennlinie zwischen „normal“ und „pathologisch“ zu ziehen. Dieser „cut-off“ muss durch methodische Studien mit ausreichenden Untersuchungszahlen definiert werden. Dieser „cut-off“ ist in modernen Studien, z.B. von Valentine-Thon bzw. von von Baehr in entsprechenden Untersuchungsserien bestimmt worden (4,5). Die Problematik des „cut-off“ ist in der Arbeit von Zoschke offensichtlich nicht gelungen. Auch weist Zoschke auf die methodischen Unterschiede zu der vorausgegangenen in der Aussage positiven Arbeit von Sigal et al. hin. Entsprechend zurückhaltend äußert sich Zoschke in seiner Publikation, indem er sinngemäß ausführt, dass bei einer Lyme-Borreliose die Interaktion zwischen Borrelia burgdorferi und dem Immunsystem zur Auslösung pathologischer Veränderungen bei chronischem Verlauf führt. Über diese Zusammenhänge lägen jedoch noch keine Studien vor. Zitat: „Solange entsprechende Studien nicht durchgeführt sind, glauben wir, dass der LTT zur Diagnose und zum Management der LB wenig beiträgt“. Dass die vorausgehenden Arbeiten von Sigal et al. bzw. Dattwyler et al. zu anderen Ergebnissen kamen, wird in der Publikation von Zoschke in diesem Zusammenhang nicht weiter diskutiert (1).

Die zahlreichen Studien, in denen die diagnostische Wertigkeit des LTT Borrelien positiv beurteilt wird, bleiben in der Publikation von Auwaerter et al., 2011 unberücksichtigt. Diese Studien sind im einzelnen epikritisch im Kap. 22.8 wiedergegeben.

Literaturverzeichnis

  1. Zoschke DC, Skemp AA, Defosse DL. Lymphoproliferative responses to Borrelia burgdorferi in Lyme disease. Ann Intern med. 1991; 17:151-8
  2. Sigal LH, Steere AC, Freeman DH, Dwyer JM. Proliferative responses of mononuclear cells in Lyme disease. Reactivity to Borrelia burgdorferi antigens is greater in joint fluid than in blood. Arthritis Rheum. 1986; 29:761-9
  3. Dattwyler RJ, Volkman DJ, Luft BJ, Halperin JJ, Thomas J, Golightly MG. Seronegative Lyme disease. Dissociation of specific T- and B-lymphocyte responses to Borrelia burgdorferi. N Engl J Med. 1988; 319:1441-6
  4. Valentine-Thon E, Ilsemann K, Sandkamp M. A novel lymphocyte transformation test (LTT-MELISA®) for Lyme borreliosis. Diagn Microbiol Infect Dis. 2007; 57:27-34
  5. von Baehr V, Liebenthal C, Gaida B, Schmidt FP, von Baehr R, Volk HD. Untersuchungen zur diagnostischen Wertigkeit des Lymphozytentransformationstestes bei Patienten mit Borreliose. J Lab Med. 2007; 31(3):149-158