Wissenschaftliche Texte


Chronic Fatigue Syndrome (CFS) Systemic exertion intolerance disease (SEID)


Die Begriffe “chronisches Erschöpfungssyndrom”, “chronisches Ermüdungssyndrom”, “Chronic Fatigue Syndrome (CFS)” und “Systemic exertion intolerance disease (SEID)“ sind Synonyma

 

Die Krankheit wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Der zuletzt übliche Begriff „CFS“ wurde auf Empfehlung des Institute of Medicine (IOM) in 2015 durch den Begriff SEID ersetzt (1)

Der Begriff „CFS“ hat verschiedene historische Vorläufer. Bezüglich der einzelnen Begriffe sei auf die Tab. 1 verwiesen. Die Begriffe „myalgische Encephalitis“, „myalgische Encephalomyelitis“ und „epidemische Neuromyasthenie“ wurden zunächst als epidemische Formen des CFS betrachtet; ein solcher Zusammenhang konnte jedoch nicht bestätigt werden (3).

 

Die diagnostischen Kriterien (CFS, SEID) sind in Tab. 2 dargestellt.

 

Die Symptomatik bei CFS bzw. SEID ist in Tab. 3 dargestellt.

 

Zwischen CFS, SEID und Fibromyalgie bestehen klinische Ähnlichkeiten (4, 5), die in Tab. 4 dargestellt sind.

Tab. 1
Synonyma für den Begriff "CFS"
(historische Begriffe)


Febricula (leichtes Fieber)
DaCosta-Syndrom
Effort-Syndrom

Soldiers heart
Neurasthenie
Myalgische Encephalitis
Island-Krankheit

Myalgische Encephalomyelitis

Chronisches Fatigue und Immundysfunktionssyndrom
Tab. 3
Symptome bei CFS
(nach Straus SE, 1988 (2)


Häufigkeit in %

Rasche Erschöpfbarkeit
Konzentrationsschwierigkeit
Kopfschmerz
Halsschmerzen
Schmerzhafte Lymphknoten
Muskelschmerzen
Gelenkschmerzen
Fiebriges Gefühl
Schlafprobleme
Psychiatrische Probleme
Allergien
Abdominelle Krämpfe
Gewichtsverlust
Hautausschlag
Tachykardie
Gewichtszunahme
Thorakale Schmerzen
Nachtschweiße
100
90
90
85
80
80
75
75
70
65
55
40
20
10
10
5
5
5
Tab. 2
Diagnostische Kriterien des CFS bzw. SEID


  • Beeinträchtigung der Sozialfunktionen für über 6 Monate, verbunden mit oft erheblichem Fatigue, definierbarem Beschwerdebeginn, nicht bedingt durch anhaltende körperliche Überlastung, keine Linderung in Ruhe
  • Krankheitsgefühl nach körperlicher Belastung
  • Kein erholsamer Schlaf

Alle drei Kriterien müssen erfüllt sein.

Zusatzkriterien:
  • Kognitive Störungen
  • Orthostatische Intoleranz
    (zumindest 1 Zusatzkriterium muss erfüllt sein)
Tab. 4
Klinische Ähnlichkeiten zwischen CFS / SEID und Fibromyalgie


  • Krankheit betrifft vorwiegend Frauen (80 % - 90 %)
  • Beschwerden üblicherweise zwischen 20 und 55 Jahren
  • Myalgien und Fatigue über 90 %
  • Neurokognitive Störungen
  • Mentale Störungen
  • Kopfschmerzen
  • Schlafstörungen
  • Kausalität ungeklärt
  • Medizinisch-technische Befunde unauffällig
  • Körperlicher Untersuchungsbefund unauffällig
    (abgesehen von tender points, die bei der Diagnose Fibromyalgie gefordert werden, jedoch vorhanden bei den meisten Patienten mit CFS, SEID)
  • Normale Befunde bei Labor und bildgebenden Verfahren
  • Chronische Beschwerdesymptomatik
  • Keine wirklich effektive Therapie möglich

Die Ätiologie von CFS / SEID ist ungeklärt. Früher diskutierte Zusammenhänge mit Virusinfekten, insbesondere EBV, immunologische Dysfunktion, endokrine- metabolische Dysfunktion, neuralvermittelte Hypotension, Schlafunterbrechungen und genetische Faktoren konnten nicht bestätigt werden. Allerdings wurde die Ansicht geäußert, dass in einem Teil der Fälle angesichts geänderter Immunmarker ein chronisch entzündlicher Prozess vorliegen könnte (11, 12).


Bei Patienten mit Fatigue entfallen weniger als 10 % auf CFS / SEID (6, 7).


Bei 65 % der Patienten mit CFS / SEID werden psychiatrische Kriterien für Angststörung, Dysthymie oder Depression gefunden. Auch wenn solche psychiatrischen Erkrankungen nicht der Grund für CFS / SEID sind, sollte eine intensive psychopharmakologische Behandlung erfolgen (8, 9, 10).
CFS / SEID ist in der Regel eine Ausschlussdiagnose, d.h. unter dem Aspekt der Differentialdiagnose sind andere Ursachen für das Fatigue und die sonstigen Symptome auszuschließen. Zur Differentialdiagnose gehört auch die Lyme-Borreliose, die in 90 % der Fälle mit Fatigue einhergeht.

Literaturverzeichnis

  1. IOM (Institute of Medicine). Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Redefining an Illness. Washington, CD: The National Academies Press; 2015 http://www.iom.edu/mecfs (Accessed on February 12, 2015).
  2. Straus SE. The chronic mononucleosis syndrome. J Infect Dis 1988; 157:405.
  3. Levine PH, Dale JK, Benson-Grigg E, et al. A cluster of cases of chronic fatigue and chronic fatigue syndrome: clinical an immunologic studies. Clin Infect Dis
    1996; 23:408.
  4. Buchwald D, Garrity D. Comparison of patients with chronic fatigue syndrome,
    fibromyalgia, and multiple chemical sensitivities. Arch Intern Med 1994; 154:2049.3
  5. Aaron LA, Burke MM, Buchwald D. Overlapping conditions among patients with chronic fatigue syndrome, fibromyalgia, and temporomandibular disorder. Arch Intern Med 2000; 160:221.
  6. Bates DW, Schmitt W, Buchwald D, et al. Prevalence of fatigue and chronic fatigue syndrome in a primary care practice. Arch Intern Med 1993; 153:2759.
  7. Buchwald D, Umali P, Umali J, et al. Chronic fatigue and chronic fatigue syndrome: prevalence in a Pacific Norhwest health care system. Ann Intern Med 1995; 123:91.
  8. Taerk GS, Toner BB, Salit IE, et al. Depression in patients with neuromyasthenia (benign myalgic encephalomyelitis). Int J Psychiatry Med 1987; 17:49.
  9. Kruesi MJ, Dale J, Straus SE. Psychiatric diagnoses in patients who have chronic fatigue syndrome. J Clin Psychiatry 1989; 50:53.
  10. Manu P, Lane TJ, Matthews DA. The frequency of the chronic fatigue syndrome in patients with symptoms of persistent fatigue. Ann Intern Med 1988; 109:554.
  11. Landay AL, Jessop C, Lennette ET, Levy JA. Chronic fatigue syndrome: clinical
    condition associated with immune activation. Lancet 1991; 338:707.
  12. Buchwald D, Cheney PR, Peterson DL, et al. A chronic illness characertized by fatigue, neurologic and immunologic disorders, and active human herpesvirus
    type 6 infection. Ann Intern Med 1992; 116:103.