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Häufigkeit der LB III bei unterlassener Behandlung im Frühstadium |
Eine fehlende oder unzureichende antibiotische Behandlung im Frühstadium hat in einem erheblichen Anteil der Fälle den Übergang in ein chronifiziertes Stadium (Spätstadium) zur Folge.
Bereits die grundlegenden Studien von Steere et al. (1) zeigten, dass durch antibiotische Behandlung des Erythems die Häufigkeit einer nachfolgenden Arthritis vermindert werden kann: Bei
unbehandelten Patienten trat eine Arthritis in 67% der Fälle auf, bei Behandlung in 35%. Die antibiotische Behandlungsdauer betrug damals 10 oder 20 Tage. Bei mangelndem therapeutischem Erfolg
wurde antibiotisch nachbehandelt. Auch die Jarisch-Herxheimer-Reaktion wurde in den Studien von Steere et al. beobachtet und war bei Penicillin und Tetracyclin häufiger als bei Erythromycin. Der
Beginn der antibiotischen Behandlung erfolgte in der Studie von Steere et al. zeitnah zum Auftreten des EM, d.h. im Durchschnitt etwa 10 Tage nach Krankheitsbeginn. Ferner zeigten die Studien von
Steere et al., dass in einem beträchtlichen Anteil, d.h. ca. 50%, die antibiotische Behandlung nicht zur Beschwerdefreiheit führte. Steere et al. bezeichneten solche „Restbeschwerden“ als „Minor
Signs and Symptoms“, obwohl zu derartig vermeintlich geringen Restbeschwerden Symptome wie Muskelskelettschmerzen, Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Lethargie, supraventrikuläre Tachykardien und
rezidivierende Arthritiden (Dauer unter 2 Wochen) gehörten. Die Folgeerscheinungen („Minor Symptoms“) waren umso ausgeprägter, je heftiger sich die Symptomatik im Frühstadium dargestellt hatte.
Diese Korrelation zeigte bereits die Bedeutung des humanen Immunsystems für die Bewältigung der Borrelien-Infektion. Ferner zeigte sich, dass eine verzögerte antibiotische Behandlung die
Entwicklung einer chronischen Lyme-Borreliose („Late Disease“) begünstigte.
Diese Studie von Steere et al. ist die einzige Publikation, die über die Häufigkeit der Chronifizierung (Übergang in Spätstadium) bei inadäquater oder fehlender Behandlung des Frühstadiums eine
Aussage macht. In nachfolgenden retrospektiven Studien wurde zwar der Zusammenhang zwischen fehlender Antibiose im Frühstadium und Übergang in eine Chronifizierung dargestellt, Studien über die
Häufigkeit liegen jedoch verständlicherweise nicht vor, da die Unterlassung einer antibiotischen Behandlung im Frühstadium zwecks wissenschaftlicher Studien ethisch nicht vertretbar wäre.