Lehrbuch Lyme-Borreliose


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Hautmanifestationen


Die Lyme-Borreliose kann zu zahlreichen Hautmanifestationen führen, die in Tab. 10.1 aufgeführt sind. Bezüglich der Literatur sei auf das Kapitel 10.2 verwiesen. Einige wesentliche kutane Manifestationen der LB sind in Abb. 10.1 dargestellt.

Von besonderer Bedeutung sind 2 Hautmanifestationen:

  • Erythema migrans
  • Acrodermatitis chronica atrophicans

Das Erythema migrans ist für das Frühstadium und die Acrodermatitis chronica atrophicans für das Spätstadium krankheitsbeweisend. Auch das Borrelien-Lymphozytom (vgl. Kap. 7.1) ist für die Lyme-Borreliose krankheitsbeweisend.

Das Erythema migrans tritt nur bei 50% der Fälle mit Lyme-Borreliose auf. Sein Fehlen stellt also ein gravierendes Handicap bei der Früherkennung der Lyme-Borreliose dar. Oft wird das Erythema von einer grippeähnlichen Symptomatik begleitet. Bei Fehlen eines Erythema migrans kann nur eine solch unerklärbare grippeähnliche Symptomatik und sonstige Umstände (hohes Expositionsrisiko, Zeckenstiche, berufliche Exposition) eine Früherkennung ermöglichen.

Das Erythema migrans kann in Form und Größe erheblich variieren (vgl. Abb. 7.1 und 10.1), nur in 50% der Fälle tritt die anuläre Form auf (Kokardenform) mit zentral erkennbarem Zeckenstich, einem umgebenden blassen Hof und dem entzündlichen Randsaum. Das Erythem kann jedoch auch häufig als mehr oder weniger gleichmäßige Hautrötung (makulöse Form) imponieren, ein solches makulöses (homogenes) Erythem ist nach der Studie von Oksi et al., 2001 (1) sogar häufiger als die anuläre Form. Auch können die äußeren Umrisse sehr unregelmäßig sein. Im Zweifel muss also jedes Erythem bei einer bestimmten Größe, bei Persistenz von über 2 Wochen und besonders bei stetiger Größenzunahme als Erythema migrans aufgefasst werden.

Ein Erythema migrans kann auch eine relativ geringe Ausdehnung haben (Mini-Erythem) mit einem Durchmesser von nur 5 cm (3).

Das Erythema migrans stellt eine Blickdiagnose dar. Nach Feststellung ist eine sofortige antibiotische Behandlung erforderlich, da die Lyme-Borreliose im Frühstadium auf eine antibiotische Behandlung sehr viel besser anspricht als (nach Dissemination) im Spätstadium. Zur Verhinderung der höchst problematischen Chronifizierung, also zur Verhinderung eines Überganges in das Spätstadium, ist die frühzeitige Erfassung und Behandlung des Erythema migrans von entscheidender Bedeutung.

Histologisch imponiert das Erythema migrans im Wesentlichen als perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat mit wenigen Plasmazellen und vereinzelten Eosinophilen (vgl. Tab. 7.1).

Nach Diagnosestellung des Erythema migrans ist also sofortige antibiotische Behandlung gefordert. Eine serologische Untersuchung ist bei einem EM nicht erforderlich; erst recht ist das Abwarten des serologischen Befundes nicht vertretbar.

Tab. 10.1
Tab. 10.2

Dabei ist zu beachten, dass sich ein pathologischer serologischer Befund oft erst nach 4 Wochen zeigt, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits von einer Ausbreitung des Erregers im gesamten Organismus (Dissemination) auszugehen ist. Überdies kann eine Dissemination schon früh nach Auftreten des EM erfolgen,  ohne dass Allgemeinsymptome auftreten.

Bezüglich sonstiger Informationen sei auf die Kap. 7.1 Erythema migrans, 7.3 Mini Erythem und 7.4 Dauer des Erythema migrans verwiesen.

Die Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) tritt bei etwa 10% der LB-Patienten auf (2). Unterschieden wird zwischen einem entzündlichen Stadium und dem resultierenden Spätstadium einer Hautatrophie. Das Frühstadium der Acrodermatitis chronica atrophicans imponiert als subcutane Phlegmone nicht selten mit Übergreifen der Infektion auf die Epidermis. Nach Monaten oder Jahren entwickelt sich dann allmählich eine Hautatrophie mit mehr oder weniger weitgehendem Abbau der Subcutis und der Haut (vgl. Abb. 10.1).

Abb. 10.1

Der histologische Befund bei der ACA im entzündlichen bzw. atrophischen Stadium ist in Tab. 10.2 wiedergegeben.

Die Erstbeschreibung einer ACA (Buchwald, 1883) ist mit bildlicher Darstellung in Kapitel 1 wiedergegeben.

Während die Erkennung einer ausgeprägten ACA (im Spätstadium) keine Probleme bereitet, ist die Feststellung im entzündlichen Frühstadium und im Übergangsstadium schwierig. Es ist daher erforderlich, insbesondere im Bereich der Extremitäten, die Haut nach beginnender Atrophie und reduzierter Elastizität zu überprüfen.


Die sonstigen Hautmanifestationen (Tab. 10.1) sind in der Literatur bei der Lyme-Borreliose beschrieben, haben jedoch im Gegensatz zum Erythema migrans und zur ACA keine krankheitsbeweisende Bedeutung.

Zudem unterscheiden sich diese sonstigen Hautmanifestationen nicht von den entsprechend benannten Hauterkrankungen wie sie in der dermatologischen Fachliteratur dargestellt sind.

Im Übrigen sei auf das nachfolgende Kap. 10.1 „Literaturübersicht Hautmanifestationen“ verwiesen.

Literaturverzeichnis

  1. Oksi J, Marttila H, Soini H, Aho H, Uksila J, Viljanen MK. Early dissemination of Borrelia burgdorferi without generalized symptoms in patients with erythema migrans. APMIS. 2001; 109(9):581-8.
  2. Malane MS, Grant-Kels JM, Feder HM Jr, Luger SW. Diagnosis of Lyme disease based on dermatologic manifestations. Ann Intern Med. 1991; 114(6):490-8.
  3. Weber K und Wilske B. Mini erythema migrans—a sign of early Lyme borreliosis. Dermatology. 2006; 212(2):113-6.